The Good, the Bad and the Ugly

Spaghetti-Western. Für viele ist es Kult, für mich war es Neuland. Deshalb war ich sehr gespannt, was mich beim Auftakt des heimkino-Septembers unter dem Thema „Uneasy Alliances“ erwartet, denn Sergio Leones „The Good, the Bad and the Ugly“ (deutscher Titel: „Zwei glorreiche Halunken”) hatte ich vorher noch nicht gesehen. Die Gelegenheit, diesen Film am 3. September auf der Kinoleinwand im CINENOVA sehen zu können, musste ich deshalb natürlich nutzen.

Im Kern erzählt der Film eine beinahe triviale Geschichte: Drei Männer – der Gute (Clint Eastwood), auch „Blondie“ genannt, der Böse (Lee Van Cleef), ein Auftragskiller mit dem Alias Angel Eyes und der Hässliche (Eli Wallach), der den Namen Tuco trägt – sind auf der Suche nach einem vergrabenen Goldschatz. Doch Leone nutzt diese Schatzsuche hauptsächlich als Rahmenhandlung. Der eigentliche Clou des Films liegt in den Momenten dazwischen: Die Dynamik zwischen den Figuren, Blicke, Gesten und Momente voller Situationskomik füllen die 161 Minuten Laufzeit.

Der Gute © Constantin Film

Diese Handlung entfaltet sich im Kontext des amerikanischen Bürgerkriegs, doch Leone macht diesen nie zum moralischen Zentrum. Stattdessen bleibt er Kulisse und Allegorie: eine Welt, in der Menschen billig sind, Gewalt grotesk allgegenwärtig ist und Profit über Prinzipien steht.

Leone ordnet seine drei Protagonisten entlang einer scheinbar klaren moralischen Achse – gut, böse, hässlich. Im Laufe des Films löst sich diese allerdings auf. Clint Eastwoods „Guter“ ist kein Held im klassischen Sinne. Sein Gutes besteht hauptsächlich darin, dass er nicht ganz so skrupellos tötet wie die anderen. Er lässt sich von den verlockenden Reichtümern jedoch gleichsam verführen wie seine Begleiter. Der „Böse“ ist tatsächlich die reinste Inkarnation des Bösen: kalt, methodisch, lächelnd. Doch seine Professionalität macht ihn fast bewundernswert. Das Herzstück des Films und Hauptantrieb der Handlung ist schließlich der „Hässliche“. Er ist gierig, schmutzig, feige, aber auch verletzlich und komisch. In ihm zeigt sich das Hässliche als menschliche Unberechenbarkeit.

Gerade im Zusammenhang mit dem September-Thema „Uneasy Alliances“ im heimkino zeigt der Film seine volle Relevanz: Hier gibt es keine verlässlichen Freundschaften, nur Zweckbündnisse, die jederzeit zerbrechen können. Blondie und Tuco sind Partner im Betrug, ihre Allianz basiert auf gegenseitigem Ausnutzen. Angel Eyes wiederum agiert allein, verbündet sich nur, wenn es seiner Effizienz dient. Leone inszeniert damit ein permanentes Vexierspiel zwischen Vertrauen und Verrat, das die Figuren immer wieder neu zueinander positioniert – bis am Ende niemand mehr weiß, ob man dem anderen auch nur für einen Atemzug trauen darf. Genau diese fragile Balance ist der Kern dessen, was heimkino im September beleuchten will.

Der Böse © Constantin Film

Untrennbar mit dem Film verbunden ist Enno Morricones Soundtrack, ein musikalisches Manifest, das längst selbst Popkultur geworden ist. Besonders im Finale, dem berühmten „Triello“ auf dem Friedhof, verschmelzen Bild und Musik auf monumentale Weise. Morricones Crescendo treibt Leones Montage zum Showdown an – eine Liturgie aus Spannung und Erlösung.

Hinzu kommt Leones Umgang mit Zeit. Konventionelle Western spulen ihre Duelle zügig ab, Leone aber dehnt sie ins Epische. Minutenlang blickt man in die Gesichter der Kontrahenten, hört nur Atem, Schritte, Wind – bis ein Schuss schließlich alles entscheidet. Auch, wenn diese Momente für meinen Geschmack teilweise etwas zu überdehnt waren, Leone macht diese Szenen zum Ritual und entwickelt damit eine einzigartige Handschrift, mit der er es schafft, Genre umzuformen.

Heute gilt „The Good, the Bad and the Ugly“ als Höhepunkt des Spaghetti-Western und einer der einflussreichsten Filme überhaupt. Quentin Tarantino, Martin Scorsese und zahllose andere Filmemacher berufen sich auf Sergio Leone. Sein Werk wirkt bis in die Videospielkultur hinein, wie etwa in Red Dead Redemption.

Der Hässliche © Constantin Film

Auf der großen Leinwand hat „The Good, the Bad and the Ugly“ bei heimkino seine volle Wucht entfaltet und auch eingefleischte Fans erneut begeistern können. „Ich habe The Good, the Bad and the Ugly schon mehrfach gesehen und er wird bei jedem Mal besser“, erzählt mir eine heimkino-Zuschauerin nach dem Screening und mit dieser Empfindung ist sie nicht alleine. Ein überraschend großer Teil des Publikums hat diesen Film nicht zu ersten Mal geschaut. Besonders begeistert waren die meisten von den vielen unerwarteten Wendung in den Beziehungen zwischen den Charakteren. Aber auch Zuschauer, die vorher noch nicht mit dem Western-Genre vertraut waren, konnte der Klassiker begeistern. „Man hat direkt Lust, noch mehr ältere Filme nachzuholen.“

The Good, the Bad and the Ugly“ im heimkino zu sehen, war für mich nicht nur die erste Begegnung mit diesem Filmklassiker, sondern eine Initiation in die Welt der Spaghetti-Western. Besonders im Kontext des Monatsthemas konnte mich der Film begeistern und dazu anregen, das instabile Beziehungskonstrukt zwischen den Protagonisten im Laufe der Handlung genau zu beobachten und zu hinterfragen. Für mich war es ein perfekter Auftakt zum Thema „Uneasy Alliances“, der Lust darauf macht, auch im weiteren Verlauf des Septembers brüchige Allianzen und Zweckbündnisse in den noch kommenden Filmklassikern genauer unter die Lupe zu nehmen. Hier geht es zur Monatsübersicht.

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„Uneasy Alliances“ - September 2025