„It Stains in the Family“ - Oktober 2025

Die einen haben die Nase ihres Großvaters, die Augen ihrer Tante oder das Lachen ihrer großen Geschwister, während die anderen das Trauma ihrer Mutter, die Ängste ihrer Großmutter oder die Wut ihres Vaters geerbt haben. Familie. Unter dem Titel „It Stains in the Family“ geht es im heimkino Köln diesen Oktober um das, was nicht vergeht. Um das, was wir nicht wählen, sondern erben – nicht in Form von Schmuck oder Immobilien, sondern in Form von Sorgen, Schweigen und seelischen Narben. Es geht um die Flecken, die bleiben und Wunden, die Generationen überdauern.

Das Projekt heimkino besteht seit Februar 2024 in Zusammenarbeit der flugmodus GmbH mit dem Kino CINENOVA in Köln Ehrenfeld. „Mit unserem Projekt möchten wir für die Community von Film- und Kinoliebhaber*innen ein Zuhause schaffen. Im Rahmen dieser Reihe bringen wir jeden Mittwoch Filmklassiker und unbekannte Meisterwerke auf die Leinwand zurück. Ein Monat widmet sich immer einem gemeinsamen Oberthema. Dadurch möchten wir dem Publikum unterschiedliche Filmperspektiven zum selben Thema anbieten, gemeinsam Antworten finden und neue Fragen stellen.“

Film Still "Incendies", Denis Villeneuve

“Incendies” © Arsenal

Im Oktober sind im heimkino gleich 5 Filme auf der großen Leinwand zu sehen, diesmal kuratiert von Rami Eiserfey. Rami arbeitet im Marketing bei ArmedAngels und schreibt nebenbei für verschiedene Magazine über Sneaker, Streetwear und japanische Mode. Er selbst wuchs in einer Adoptivfamilie auf. Unter anderem dadurch kam ihm die Idee zu seiner Monatsauswahl „It Stains in the Family“:  „Ich finde das Thema Familie, ihre Definition und was sie im eigenen Leben bedeutet, unglaublich spannend. Außerdem habe ich das Gefühl, dass viele unserer Traumata in den frühesten Lebensjahren wurzeln. Gerade in dieser Zeit wird das Urvertrauen aufgebaut – etwas, das uns ein Leben lang prägt, im Positiven wie im Negativen“.

Die ausgewählten Filme beleuchten Familiendynamiken aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln. Denis Villeneuves „Incendies“ zeigt, wie unausgesprochene Geheimnisse Generationen überschatten können. Die Reise zweier Geschwister in die Vergangenheit ihrer Mutter entwickelt sich zu einer erschütternden Wahrheitssuche, die Familienbande auf tragische Weise neu definiert. Ganz anders, aber nicht weniger eindringlich, erzählt Christopher Nolans „The Prestige“. Hier geht es um Rivalität, Ehrgeiz und die zerstörerische Kraft von Obsessionen. Wim Wenders „Perfect Days“, der in seiner Ruhe fast meditativ wirkt, erzählt von einem Mann, der im scheinbar Alltäglichen sein Leben ordnet. Doch in den leisen Momenten stellt sich die Frage, was bleibt, wenn familiäre Bindungen fragil sind oder ganz fehlen. Bong Joon Hos „Parasite“, der in der Schwarz-Weiß-Version gezeigt wird, macht die soziale Kluft zwischen zwei Familien fast körperlich erfahrbar. Und schließlich „Gummo“ von Harmony Korine, ein Film, der sich radikal dem entzieht, was wir gewöhnlich unter Erzählkino verstehen. Hier geht es um Kinder in einer zerbrochenen Welt. Die Bilder sind roh, verstörend, manchmal erfüllt von einer eigentümlichen Zärtlichkeit.

Film Still "Perfect Days", Wim Wenders

“Perfect Days” ©  Master Mind Ltd

„Die Werke laden dazu ein, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken und die persönliche Beziehung zum Thema Familie zu reflektieren. Manche Zuschauer werden dabei vielleicht Parallelen zur Gesellschaft oder sogar zu ihrem eigenen Leben entdecken.“ Einige Gedanken möchte Rami dem heimkino-Publikum für den Oktober noch mit auf den Weg in den Kinosaal geben: „Incendies erhebt keinen politischen Anspruch, vermittelt aber einen Eindruck davon, was sich aktuell im Nahen Osten abspielt – das sollte man beim Schauen im Hinterkopf behalten. The Prestige ist dagegen als reiner Wohlfühlfilm gedacht. Mit Perfect Days möchte ich ein Stück meines persönlichen Lieblingslandes Japan zeigen […]. Und Gummo schließlich soll sich anfühlen wie ein nasser Müllsack – unbequem, ekelhaft, herausfordernd.“

Die Filme im heimkino-Oktober verbindet weniger ein Genre oder eine formale Gemeinsamkeit als vielmehr eine Haltung: die Bereitschaft, dorthin zu sehen, wo es weh tut, wo Familiengeschichten nicht glänzen, sondern Flecken hinterlassen. Es ist ein kollektives Nachdenken über Fragen, die uns alle betreffen: Welche Lasten tragen wir mit uns, ohne sie gewählt zu haben? Welche Geschichten setzen sich fort, auch wenn wir sie vergessen wollen? Und wie sehr prägt uns das, was uns von Geburt an umgibt?

Film Still "Parasite" Black and White, Bong Jon Ho

“Parasite” (B&W) © Koch Films

Die Spielzeiten für den Oktober 2025 bei heimkino sind wie folgt:

01.10. „Incendies“

08.10. „Prestige“

15.10. „Perfect Days“

22.10. „Parasite“ (Black & White Version)

29.10. „Gummo“

Die Filme starten jeweils um 20 Uhr. Tickets gibt es auf der CINENOVA-Website. Weitere Infos und Gewinnspiele für Freikarten sind auf dem heimkino-Instagram zu finden.

„Familie begleitet uns ein Leben lang – ob wir es wollen oder nicht.“ All diese Filme lassen uns in fremde Geschichten eintauchen, die zugleich ein Spiegel sein können. Vielleicht entdecken wir in ihnen etwas, das uns an unsere eigene Familie erinnert. Vielleicht aber auch etwas, das uns zeigt, wie viele Arten von Familie es geben kann und welche Spuren wir selbst in ihnen hinterlassen.

Film Still "Gummo", Harmony Korine

“Gummo” © Fine Line Features/ Independent Pictures

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