Wicked: For Good
Ein Jahr nachdem der erste „Wicked“-Film zum popkulturellen Phänomen wurde, Social-Media-Hype auslöste, Charts stürmte und das Musical einem neuen Publikum öffnete, kehrt Regisseur Jon M. Chu jetzt mit „Wicked: For Good“ zurück und versucht, die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Der Film sucht nach Größe, nach politischer Resonanz und nach einer neuen Perspektive auf Figuren, die längst zu Ikonen geworden sind.
Elphaba (Cynthia Erivo) und Glinda (Ariana Grande) haben sich entzweit und müssen nun mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen leben. Elphaba, die inzwischen als Böse Hexe des Westens verteufelt wird, lebt im Exil in den Wäldern, wo sie ihren Kampf für die Freiheit der zum Schweigen gezwungenen Tiere fortführt. Verzweifelt versucht sie, die Wahrheit über den Zauberer (Jeff Goldblum) ans Licht zu bringen. Unterdessen ist Glinda für ganz Oz zum strahlenden Symbol des Guten geworden. Auf Anweisung von Madame Akaber (Michelle Yeoh) dient sie als schillernde Trostspenderin, die den Bewohnern von Oz versichern soll, dass unter der Herrschaft des Zauberers alles zum Besten steht.
© 2025 Universal Studios. All Rights Reserved.
Die Sets, Kostüme und Effekte sind ebenso opulent wie im ersten Teil. Die Architektur der Smaragdstadt schillert in grün und gold, die Wälder des Westens wirken mystisch und bedrohlich, und die Luftsequenzen – insbesondere Elphabas Flug gegen Ende des zweiten Akts – gehören zu den beeindruckendsten Momenten des Films. Die Detailverliebtheit im Production Design ist überwältigend, manchmal fast zu überwältigend: Die Bilder drohen gelegentlich, die Handlung zu überstrahlen.
Chus Hang zur Monumentalität führt dazu, dass intime Charaktermomente nicht immer die Ruhe bekommen, die sie brauchen. Während einige Szenen dramaturgisch überexponiert wirken, sind andere wiederum zu knapp erzählt. Besonders in der zweiten Hälfte gerät die Erzählung aus dem Gleichgewicht. Man spürt, dass das Drehbuch viel zu erzählen hat, aber nicht konsequent entscheidet, welchen Figuren welche Priorität zukommt. Dies führt zu einer merkwürdigen Beschleunigung kurz vor dem Finale, die wichtige emotionale Entwicklungen nur streift, statt sie zu vertiefen.
Cynthia Erivo bleibt das kraftvolle Zentrum des Films. Ihre Elphaba ist verletzlich, stolz und zornig. Das lässt Erivo durch Stimme und Körperspiel glaubhaft spürbar werden. Ariana Grande überrascht erneut damit, wie ernsthaft sie Glinda zeichnet. Allerdings wird ihre Figur vom Drehbuch so stark in die Rolle einer politischen Projektionsfläche gedrängt, dass ihr innerer Konflikt eher behauptet als wirklich fühlbar wird. Das größte Problem: Die Beziehung der beiden kann die emotionale Ansprüche der Erzählung kaum erfüllen. Wo Dringlichkeit sein müsste, stehen oft große Gesten, die für mich nicht zu echten Gefühlen finden.
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Angesichts der Ereignisse in Oz ist „Wicked: For Good“ deutlich politischer als der erste Teil. Der Film nutzt des Musical-Genre nicht als Zufluchtsort vor der Realität, sondern um Spiegelungen realer und gegenwärtiger Tendenzen zu erzeugen: Mechanismen der Ausgrenzung gegenüber Minderheiten und Randgruppen sowie die Bereitschaft der Masse, Führungsmythen zu folgen. Durch diese Themen gewinnt der Film an Relevanz.
Eine klare Stärke des Films sind natürlich – wer hätte es gedacht? – die Songs. Erivo liefert mit ihrer Interpretation von „No Good Deed“ einen der emotionalen Höhepunkte des Films – roh, wütend, schmerzhaft ehrlich. Grande wiederum überrascht mit einer subtileren, weniger glitzernden Version von „Thank Goodness“, die Glindas innere Zerrissenheit stärker betont als ihre öffentliche Perfektion. Zwei neu hinzugefügte Songs – „No Place Like Home“ und „The Girl in the Bubble“ – fügen sich musikalisch gut ein, wirken dramaturgisch jedoch wie Mittel zum Zweck, um Plotlücken zu schließen.
„Wicked: For Good“ ist ein visuell überwältigender, musikalisch beeindruckender, aber erzählerisch unausgewogener Abschluss der Geschichte von Elphaba und Glinda. Der Film wagt es, politischer und düsterer zu sein als sein Vorgänger – ein Schritt, der ihm Tiefe verleiht, aber auch Leichtigkeit kostet. Doch trotz Schwächen gelingt es dem Film, Momente echter Magie zu erschaffen – vor allem dann, wenn Musik, Bild und Performance ineinandergreifen.
“Wicked: For Good” startet am 19. November 2025 in den deutschen Kinos.