M3GAN 2.0
Als Anfang 2023 der erste „M3GAN“-Film in die Kinos kam, wurde er schnell zum Social-Media-Phänomen. Das tanzende Roboter-Mädchen, dass vom Kinderspielzeug zur Killer-Puppe mutierte, fesselte Zuschauer auf den Kino-Leinwänden und Instagram- und TikTok-Feeds. Nun liefert Regisseur Gerard Johnstone mit „M3GAN 2.0“ die Fortsetzung und schon jetzt ist klar: Der Film versucht nicht nur, seine Handlung weiterzuentwickeln, sondern auch, den viralen Nerv erneut zu treffen.
Zwei Jahre sind vergangen, seit M3GAN, Wunderwerk künstlicher Intelligenz, abtrünnig geworden und auf einen mörderischen Amoklauf gegangen ist, bevor sie schließlich zerstört wurde. Ihre Schöpferin Gemma (Allison Williams) ist inzwischen nicht nur eine renommierte Autorin, sondern auch KI-Kritikerin. Aus ihrer Nichte Cady (Violet McGraw) ist mittlerweile eine Teenagerin geworden, die immer lauter gegen ihre überfürsorgliche Tante rebelliert. Ohne das Wissen der beiden wurde die M3GAN zugrunde liegende Technologie gestohlen und von einer Rüstungsfirma missbraucht, um eine militärische Waffe zu kreieren – Amelia (Ivanna Sakhno), die ultimative Spionin zur Infiltration und Tötung. Doch mit wachsender Selbstwahrnehmung hat Amelia immer weniger Interesse daran, Befehle von ihren Schöpfern entgegenzunehmen. Das Fortbestehen der menschlichen Existenz steht auf dem Spiel und es gibt nur eine letzte Chance: M3GAN (Amie Donald) muss wieder zum Leben erweckt werden und bekommt auch gleich ein paar Upgrades, die sie schneller, stärker und tödlicher machen als je zuvor.
© Universal Pictures
Regisseur Gerard Johnstone bleibt seinem düsteren Stil treu, doch vieles wirkt glatter, glossier, aufpolierter… und leider auch berechnender. Die Kamera liebt M3GANs neue Tanzsequenzen, ihre Blicke und ihre One-Liner. Doch der Ton des Films schwankt. „M3GAN 2.0“ will zu Vieles gleichzeitig sein: ein sozialkritisches KI-Drama, ein ironischer Kommentar, ein Sci-Fi-Horrorfilm, ein TikTok-reifes Popcorn-Meme. Der Versuch, dem Algorithmus zu gefallen, verhindert eine klare inhaltliche Fokussierung. Während Teil eins noch aus Versehen cool war, ist Teil zwei zu sehr damit beschäftigt, es wieder zu sein. Obgleich viele Momente im Einzelnen durchaus sehr unterhaltsam sind, rast die Handlung von einer überstimulierenden Sequenz zur nächsten. Dabei heraus kommt ein filmischer Salat, der das Publikum mit zu schnell wechselndem Stil und Tonfall verwirrt und den im Film verstreuten guten Szenen keine Zeit gibt, um nachhaltig zu wirken.
Was einst innovativ war, wirkt nun formelhaft. Das ist schade – denn unter der Oberfläche steckt nach wie vor ein bemerkenswerter Film. Die neue M3GAN ist als Figur komplexer als je zuvor. Eine Maschine mit künstlicher Intelligenz, die menschliche Bindungen simuliert, optimiert und ersetzt. Ebenso Amelia, der es mit ihrem verführerischen Charme gelingt, Menschen zu manipulieren und für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Wenn die Androide sprechen, interagieren oder sogar trösten, beginnt man zu vergessen, dass es sich um Maschinen handelt. Und genau das ist der wahre Horror – nicht die Gewalt, sondern die Empathie-Simulation.
KI im Alltag ist längst mehr als Fiktion. In Bezug darauf eröffnet der Film zu Beginn eine schöne Debatte, denn die Menschheit verlässt sich mehr und mehr auf Maschinen – durch frei zugängliche KI-Assistenten nun auch völlig selbstverständlich im Alltag – und die Gefahren, die dies birgt, werden meist vergessen. Wenn Maschinen fast jeden Bereich unseres täglichen Lebens stützen, von uns mit unendlichen Massen an sensiblen Daten gefüttert werden und wir ihnen und ihrer Funktionalität dabei blind vertrauen, dann kann schon ein kleiner Fehler im System fatale Auswirkungen haben. „M3GAN 2.0“ bleibt in seiner Diskussion und Kritik zu diesem Thema leider nicht konsequent. An dieser Stelle hätte der Film radikaler sein müssen, um den Anspruch einer ernstzunehmenden Gesellschaftskritik zu erfüllen.
© Universal Pictures
Manchmal ist weniger eben mehr. „M3GAN 2.0“ hätte es gut getan, wenn sich der Film mit dem zufrieden geben würde, was er ist und nicht krampfhaft versucht hätte, noch neuer und innovativer und viraler zu sein als sein Vorgänger. Die 120 Minuten Laufzeit hätten sich gut auf 90 Minuten komprimieren lassen, ohne Abstriche in der Story zu machen. Ein konsequenteres Drehbuch und weniger unnützes Spektakel hätten dem Film Struktur und Biss verliehen und dafür gesorgt, dass die Fortsetzung nicht wie ein reines algorithmisches Produkt wirkt.
Insgesamt ist „M3GAN 2.0“ eine visuell solide Fortsetzung, die ihrem Vorgänger gerecht wird, doch das Gewicht des eigenen Erfolges auf dem Rücken trägt und darunter leidet. Hin und her gerissen zwischen dem Wunsch nach erzählerischer Relevanz und dem Drang, erneut virale Schlagkraft zu entfalten, verliert sich der Film zwischen Horror, Satire, Unbehagen und unausgereifter Gesellschaftskritik. Was bleibt, ist ein ambitioniertes, handwerklich überzeugendes aber in sich widersprüchliches Werk, das zwar nicht belanglos ist, aber sein Potenzial bei weitem nicht ausnutzt.
Ich war außerdem zu Gast beim Film- und Serien-Podcast „Der Tele-Stammtisch“, um mit Stu über „M3GAN 2.0“ zu sprechen. Zum Podcast hier klicken.