Black Phone 2
Mit „Black Phone 2“ kehrt Regisseur Scott Derrickson in die düstere Welt seines Überraschungshits aus 2021 zurück und hebt sich bei von vielen anderen aktuellen Sequels ab: Statt das Grauen einfach zu wiederholen, erforscht er dessen Vergangenheit und Nachhall. Wo der erste Teil ein intensiver Überlebenskampf in beklemmender Enge war, wird die Fortsetzung zu einer Studie über Trauma, Erinnerung und die Macht des Übernatürlichen.
Vier Jahre sind vergangen seit Finney Blake (Mason Thames) den sadistischen Entführer und Kindermörder „Gräber“ (Ethan Hawke) überlebt und getötet hat. Nach außen hat sich sein Leben normalisiert, doch innerlich ist er traumatisierte, wütend und betäubt sich mit Marihuana. Seine Schwester Gwen (Madeleine McGraw) hat immer intensivere prophetische Träume und kämpft mit dem Erbe ihrer verstorbenen Mutter, die ebenfalls übernatürliche Fähigkeiten besaß. Um Abstand und neue Erkenntnisse über ihre Vergangenheit zu gewinnen, reisen die beiden in ein abgelegenes Wintercamp. Doch dort beginnen erneut Stimmen von ermordeten Kindern durch ihre Träume zu flüstern und das schwarze Telefon, das einst Finneys Leben rettete, klingelt wieder.
© 2025 Universal Studios. All Rights Reserved.
Was zunächst wie eine symbolische Rückkehr in die eigene Dunkelheit wirkt, entwickelt sich bald zu einer Mischung aus Mysterythriller, Coming-of-Age-Drama und Spukgeschichte. Während „The Black Phone“ klaustrophobisch eng im Keller des Grabbers spielte, öffnet sich der zweite Teil in weite, verschneite Landschaften. Die eisige Kälte und das scheinbar endlose Weiß werden zur Metapher für Erstarrung, Schuld und unausgesprochene Traumata. Visuell bleibt „Black Phone 2“ dem Retro-Look seines Vorgängers treu und intensiviert diesen sogar. Wechsel zwischen Super-8-ähnlichen Traumsequenzen und digitaler Gegenwart erzeugen ein Flirren zwischen Erinnerung, Traum und Realität.
Was „Black Phone 2“ gut gelingt, ist die Erweiterung des Franchise-Gedanken ohne bloßes Wiederkäuen bekannter Muster. Der Film will nicht noch einmal denselben Schrecken erzeugen, sondern dessen Echo untersuchen, was an klassische Fortsetzungen der Achtzigerjahre erinnert. Auch der Grabber, einst schattenhafte Gestalt, kehrt hier in veränderter Form zurück. Seine Präsenz ist nun mehr psychologisch und spirituell als physisch – er erscheint in Visionen und als Stimme, aber bahnt sich immer wieder einen weg in Gwen und Finneys Realität. Doch trotz der guten inhaltlichen Ansätze, bleibt der Film ungleichmäßig. Die erzählerische Balance zwischen Symbolik und Handlung gerät ins Wanken, viele Dialoge wirken plakativ und die traumartigen Visionen werden schnell repetitiv und ihre Wirkung nutzt sich ab. Zudem fehlt es an echten Überraschungen: Wer den Aufbau des ersten Teils kennt, erkennt früh die Richtung, in die sich die Geschichte entwickelt.
© 2025 Universal Studios. All Rights Reserved.
„Black Phone 2“ ist ein Film, der nichts dem Zufall überlässt – und leider auch nichts dem Zuschauer. Jedes Gefühl, jede Emotion ist mit einer solchen Nachdrücklichkeit inszeniert, dass kaum Raum für eigene Empfindungen bleibt. Wo der erste Teil seine Spannung aus dem Unausgesprochenen bezog, diktiert die Fortsetzung zu jeder Zeit, was zu empfinden ist: wann man Mitleid haben, wann man erschrecken und wann man weinen soll. Selbst die stillen Szenen sind überladen mit Musik, symbolischen Bildern oder erklärenden Dialogen. Die Figuren tragen ihr Trauma so offensichtlich vor sich her, dass ihre inneren Kämpfe kaum mehr interpretiert, sondern nur noch konsumiert werden können.
Als Horrorfilm mit Retro-Ästhetik funktioniert „Black Phone 2“ solide – er hat Atmosphäre, Spannung und einige gelungene Schreckmomente. Als emotionale Reise jedoch wirkt er manipulativ und überinszeniert. Derrickson vertraut weder der Stille noch der Vorstellungskraft seines Publikums. Und doch bleibt etwas hängen – ein Gefühl von Kälte, das weniger aus den Schneelandschaften als aus der Unfähigkeit der Figuren rührt, wirklich zu heilen. „Black Phone 2“ ist kein großer Wurf, aber ein ambitionierter Versuch, Trauma, Verlust und übernatürlichen Schrecken miteinander zu verweben.
Beim Tele-Stammtisch habe ich gemeinsam mit Stu noch ausführlicher über „Black Phone 2“ gesprochen. Hört gerne rein. Zum Podcast hier klicken.
„Black Phone 2“ startet am 23. Oktober 2025 in den deutschen Kinos.